10. Oktober 2016

Farne in der Humusfalle

Wenn man wissen möchte, welche Pflanzen in einem neu zu gestaltenden Garten gedeihen könnten, tut man gut daran, sich zunächst die vorhandene Vegetation genau anzusehen.

In meinem 2011 erworbenen Garten fiel mir bald die Vielfalt der Farne auf. Gemeiner Wurmfarn (Dryopteris filix-mas), Streuschuppiger Wurmfarn (Dryopteris affinis), Wald-Frauenfarn (Athyrium filix-femina), Tüpfelfarn (Polypodium vulgare), Rippenfarn (Blechnum spichant) und Braunstieliger Streifenfarn (Asplenium trichomanes) kommen auf der Fläche natürlich vor. Die Lage schien also geeignet, eine größere Vielfalt an Farnen aufzunehmen.

Selbst im Herbst noch makellos und glänzend: Polystichum neolobatum. Hier mit verschiedenen Bodendeckern, die unter sich ausmachen sollen, wer der Stärkste ist.

Nun bin ich eigentlich nicht so der Sammlertyp, der möglichst viele Arten und Sorten aus einem Fachbereich haben muss. Andererseits spürte ich die Gelegenheit, unter diesen günstigen Voraussetzungen meine Bildungslücken im Reich der Farne einzudämmen. Ich wollte also eine kleine Farnsammlung aufbauen, um die für mich besten Sorten herauszufinden und vielleicht in der Zukunft mehr auf dem Gelände einzusetzen.

Der schattige Bereich des Gartens ist steil. So sind Flächen, auf denen das Herbstlaub dauerhaft liegen bleibt und eine farnfreundliche Humusschicht entstehen kann, relativ rar. Wind, scharrende Vögel und nicht zuletzt der trampelnde Gärtner sorgen dafür, dass sich das wertvolle Material kontinuierlich hangabwärts bewegt. Überall dort, wo die Hangneigung in einer konkaven Wölbung abnimmt, kommt das halbzersetzte Laub zum Stillstand. Das nenne ich eine Humusfalle. Hier entstehen Lagerstätten wertvollen Laubmulls, hier sind die Bereiche, die im Sommer immer als letzte oder nie austrocknen.

Erstbepflanzung der Humusfalle: Sobald die Feinwurzeln des gerodeten Haselstrauchs herausgeschüttelt sind, bleibt spatentief wunderbarer Laubhumus übrig.

Eine derart beschaffene Fläche liegt direkt oberhalb einer Gruppe von (ja - schon wieder!) moosbedeckten Steinen (Die Dinger verfolgen mich irgendwie...). Die Eigenschaft als Humusfalle wird dadurch noch verstärkt, dass sich hier nicht nur das Gefälle verringert, sondern dass die V- Förmige Anordnung der Felsen das Material noch zusätzlich sammelt. Direkt an der Bergseite des Wegs gelegen, wirkt der Höhenunterschied wie ein Hochbeet. Ideal, um die filigranen Details näher ans Auge des Betrachters zu bringen.

Noch ist genug Platz: Die mit jungen Farnen bepflanzte Humusfalle. Rechts oben ungünstig platziert: Polystichum setiferum 'Pulmosum Bevis' syn. 'Pulcherrimum Bevis'

Der erste Farn, der hier im April 2015 einzog und den besten Platz direkt am vorderen Rand bekam, war Polystichum setiferum 'Pulmosum Bevis'. Jetzt, wo er eingewachsen ist und zeigt, wie groß er werden will, wird er im nächsten Frühjahr umziehen und seine besonders elegante Fiederung mehr aus dem Hintergrund zeigen müssen.

Wichtig ist mir eine geeignete Unterpflanzung, damit im Sommer die Laubschicht verdeckt ist. Im Moment teste ich mehrere Bodendecker, die den Farnen keine Konkurrenz machen sollen. Der heißeste Kandidat ist Cardamine trifolia. Hacquetia epipactis ist wohl zu anspruchsvoll was Feuchtigkeit und Nährstoffe angeht. Viola reichenbachiana wird immer wieder abgefressen. Ein paar Oxalis acetosella werde ich noch dazupflanzen.

Cyrtomium fortunei 'Clivicola' mit zwei Dryopteris affinis 'Pinderi'

Natürlich kann man Farne auch in normalem Boden kultivieren, solange der Boden locker ist und nie zu trocken wird. Die Humusfallen bieten ihnen Luxusbedingungen. Damit hoffe ich natürlich vor allem auf Luxusbedingungen für mich als Gärtner, damit ich mich nicht ständig um sie kümmern muss.

Hoffentlich aber fange ich niemals damit an, empfindliche Waldstauden wie Trillium zu sammeln, die diese Bedingungen wirklich brauchen. Dann hätte ich das Problem, dass die besten Pflanzplätze schon belegt wären und ich die ganze Farnpracht wieder ausreißen müsste. Irgendwie haben sich ein paar davon nämlich schon auf die Bestellliste für nächstes Jahr gemogelt.

Hier sorgt der Farn (Polypodium vulgare) selbst für seine Humusanreicherung

Ob dies zarte Pflänzchen wirklich mal ein Dryopteris wallichiana wird...?


Leider kann nicht jede Humusfalle bepflanzt werden. Auch in diesem Hohlweg sammelt sich Laub. Durch Begehen wird es automatisch zerkleinert. Bei Bedarf kann ich hier immer wieder kleine Mengen Humus ernten.

2. August 2016

er setzt in - Garten am Kunstweg


Sind Sie technisch begabt? Können Sie einen Küchenmixer reparieren? Oder ein eingeklemmtes Türschloss auseinander- und wieder zusammenbauen?

Ich habe die Erfahrung gemacht, man antwortet hier oft viel zu vorschnell mit „nein“. Das gilt vor allem für diejenigen, die es noch nie versucht haben. Man lernt eine Menge über die Funktionsweise eines Gerätes, wenn man es mal aufgeschraubt und nach dem Fehler gesucht hat.

Ähnlich ist es mit dem Gärtnern: Ein Weg zu lernen wie Pflanzengesellschaften funktionieren ist, mit ihnen zu arbeiten. Natürlich kann man das nicht immer und überall tun. Ich hatte eine dieser Gelegenheiten im Schlosspark Bühlerhöhe, wo ich Waldbodengesellschaften beeinflusst hatte. Eine weitere Chance bot sich nun am Kunstweg am Reichenbach, wo ich ein Landschaftsprojekt an einer steilen Wegböschung beginnen durfte.

Ausschnitt der Nichtbepflanzung

Die Landschaft am Kunstweg, der einem Seitental der Murg im Nordschwarzwald folgt, ist sehr abwechslungsreich. Der Talgrund ist mal weit, mal eng und bietet Raum für Wiesen, Wälder, Gebüsche, Brennnesselfluren und Felsabbrüche. Der trocken-sonnige Südhang und der stellenweise schluchtwaldartige Nordhang stehen sich mit jeweils charakteristischer Vegetation gegenüber. Die erfrischende Kühle und das Rauschen des Reichenbachs sind allgegenwärtig. Spuren früherer und heutiger Landnutzung wie das dichte Netzwerk aus Bewässerungsgräben in allen Phasen des Verfalls sind für das geübte Auge zu erkennen. Seit elf Jahren sind in jährlich wechselnden Ausstellungen Kunstwerke in ihrer Wechselwirkung mit der Landschaft erlebbar.

Für meinen co-Beitrag als Gärtner (Ist Gärtnern überhaupt eine Form der Kunst?) wählte ich nicht das am einfachsten zu beackernde Grundstück sondern dasjenige mit dem für mich interessantesten Bestand an natürlich vorkommender Vegetation und eben mit dem für mich höchsten zu erwartenden Erkenntnisgewinn. Wie schon in meiner Arbeit für das Schlosshotel Bühlerhöhe ging es um einen schattigen Bereich mit moosigen Felsen, um hier durch Entfernen unerwünschter Arten einen Landschaftsgarten zu erschaffen. Der Hauptunterschied zu damals ist offensichtlich: Diesmal handelt es sich um eine sehr steile Fläche – in weiten Teilen um eine fast senkrechte Felswand.

Auch Bäume wurden gefällt. Die rechte Wegeböschung wurde zum "Landschaftspark"

Dieses Stück von 50 Metern Länge und im Schnitt etwa vier Metern Höhe sollte ein Landschafts­park werden. Die Fläche ist stark nach Norden geneigt, die ohnehin schon hohe Luftfeuchtigkeit wird durch das benachbarte Kunstwerk weiter erhöht. Das pflanzliche Inventar war schon vorhanden: Bäume, vier Arten Farne, Sauerklee, Hexenkraut, Waldgräser, Moose und anderes.

Die Liste der ganz oder punktuell entfernten Pflanzenarten enthält Efeu, Goldnessel, Brennnessel, Springkraut und Brombeere. Einzelne Pflanzen des auch weiterhin erwünschten Wurmfarns wurden zugunsten einer Auflockerung des Bestands entfernt. Um mehr Licht und Niederschlagswasser auf den Boden zu bekommen, wurden zwei mittelgroße Bäume gefällt – eine Hainbuche und eine Esche. Das alles geschah natürlich in Absprache mit Forst und Naturschutz.

Wieder mit von der Partie: Moossteine

Wird man als Spaziergänger den kleinen "Park" als bearbeitete Fläche wahrnehmen? Von allein sicher nicht. Es war die Idee des Göppinger Künstlers Andreas Bressmer, Schilder zu ergänzen, die in Optik und Inhalt an Pflanzenetiketten in botanischen Gärten denken lassen.

Er schreibt dazu: "Mein Beitrag ist dezent, so wie die Eingriffe von Buchholtz. Ich füge nur einige Schilder hinzu, mit den Namen der mir von Buchholtz genannten Pflanzen. Schilder, auf welchen die deutschen und  lateinischen Namen der entfernten und der zu erhaltenen Pflanzen eingraviert sind, gemäß der erklärenden Situation in botanischen Gärten. [...] Inbesondere geht es mir um den Begriff 'Ersetzen', der auch den Begriff' 'Setzen' in sich trägt. Ich sehe somit die letztendlich belassene Vegetation als Neusetzung. 'Neusetzung' oder 'Ersetzt in' ergibt auch die Wortkombination: 'er - setzt - in', nur diese drei Begriffe und die Namen der Pflanzen füge ich der Arbeit von Buchholtz in Form von Schildern hinzu. Die Inschriften der Schilder bezeichnen die Namen der von ihm entfernten und der von ihm damit erhaltenen, befreiten, 'ersetzten', die durch seinen Eingriff zu neuem Wachstum angeregten Pflanzen."

Mehr zu den künstlerischen Aspekten hier  (evtl. scrollen bis zur Überschrift er - setzt - in)

Brombeere, Rubus sectio Rubus
er setzt in
Wald-Sauerklee, Oxalis acetosella

Die praktische Arbeit im Steilhang erwies sich als völlig verschieden von der Arbeit auf dem fast ebenen Waldboden – nicht einfach nur deswegen, weil von der Leiter aus gearbeitet werden musste. Ein Beispiel: Reiße ich eine Brombeerpflanze im relativ ebenen Waldboden aus, bleibt vielleicht 10x10x10 Zentimeter feuchter Humus an den Wurzeln haften. 0,001m³ – ein Loch, das vernachlässigt werden kann, zumal ich den Ballen auch noch abschüttele. An der Felswand hingegen hätte ich an einer ausgerissenen Wurzel z.B. 50x20x1 Zentimeter Humus hängen. Das selbe Volumen, aber hier wäre damit der verfügbare Lebensraum komplett vernichtet. Abschütteln nützt nichts, da der Humus haltlos in Richtung Fahrweg rutscht.

Brombeerschneideleiter

Auf diese Art und Weise habe ich gelernt, dass meine Lieblingsgegnerin Brombeere eine durchaus wichtige Rolle in dieser Pflanzengesellschaft am Steilhang spielt, indem sie Humus ansammelt und festhält. Als Konsequenz jäte ich hier also nicht, sondern ich schneide. Die Wurzeln der Brombeeren bleiben im Boden und bilden natürlich wieder neue Triebe, die wieder neu geschnitten werden müssen.

Eine einzige Pflanzenart habe ich entgegen meiner Vorsätze aber doch neu angesiedelt. Das heimische Wald-Veilchen, Viola reichenbachiana, gehört einfach aufgrund des Namens hier an den Reichenbach! Die Pflanzung im steilen, flachgründigen Gelände erwies sich als unglaublich schwierig. Ohne den feuchten Frühsommer wären die "Reichenbach-Veilchen" sicher schon tot. Nun aber sind sie gut angewachsen und werden im Frühling nur die aufmerksamsten Besucher erfreuen. Und auch hier habe ich etwas daraus gelernt: Sollte ich jemals weitere Arten hier ansiedeln wollen, werde ich in Zukunft lieber ein paar Handvoll Erde vom Naturstandort der Zielart kreuz und quer über die Fläche streuen in der Hoffnung, dass ein paar Sämlinge aufgehen.

"vertical gardening" mal anders
Das Projekt ist nicht abgeschlossen. Wie jeder Garten braucht die Fläche weitere Pflege und wird hoffentlich mit der Zeit immer schöner. Und nebenbei lerne ich viel darüber, wie Vegetation am Steilhang funktioniert. Ich probiere es halt einfach aus.


6. Dezember 2015

Leben mit dem Baum


Es ist schön, einen Baum neben dem Haus zu haben. Er spendet Schatten im Sommer, ermöglicht tägliche Naturbeobachtungen, verbindet Haus und Garten mit der Landschaft und sorgt für Nachschub an Mulchmaterial oder auch an Früchten.

Der Hausbaum hat Tradition. Auch heute noch gehört das Pflanzen eines Baumes für viele Bauherren und -damen instinktiv zum Neubau eines Hauses dazu. Widerstandsfähigkeit, Dauerhaftigkeit und Wachstum des Baumes stehen symbolhaft für die Hoffnungen der Bewohner für die eigene Familie. Vor allem aber vermittelt er den Hausbewohnern ein unterschwelliges Schutzgefühl. Das Bedürfnis des Menschen in Baumnähe zu leben ist wahrscheinlich genetisch festgelegt.

Ab und zu kommt es vor, dass ein markanter Baum auf einem Baugrundstück erhalten bleibt und das Haus neben – oder gar unter – dem Baum entsteht. So auch das Haus, in dem ich wohne. Es wurde mehr als zehn Jahre vor meiner Geburt unter eine riesige Traubeneiche gebaut. Dies machte den Koloss im hohen Alter ungefragt zum Hausbaum.

Niemand weiß heute noch, wie viele Wurzeln damals gekappt und zubetoniert wurden - oder wie viele Flaschen Wein unter seinem Blätterdach seitdem in geselliger Runde geleert wurden. Jedenfalls kann ich mir das Haus nicht ohne Baum und den Baum nicht ohne Haus vorstellen.


Am Anfang war der Baum. Darunter wurde gebaut.

Anfang der neunziger Jahre ist wohl ein Ast durch das Dach gekracht. Unmittelbar danach hat man einige Äste auf der Westseite eingekürzt und mehrere Seile zur Kronensicherung eingebaut. Die Sicherungsseile habe ich nach Übernahme des Hauses erneuern lassen.

...

Na gut, ich gebe es zu: sobald stärkerer Sturm angesagt ist, schwindet das oben angesprochene Gefühl des Geschütz-Seins. An seine Stelle tritt die Angst, sich vielleicht doch allzu sehr einer irrationalen Romantik hingegeben zu haben. Ist dieses tonnenschwere Damoklesschwert denn wirklich erhaltenswert? Die Gefahr von abbrechenden Ästen ist ja nicht das einzige Problem: Ständig sind die Dachrinnen verstopft. Das Dach ist vermoost. Die herabfallenden Früchte tun bei einem Treffer richtig weh und machen auf dem Vordach aus Plexiglas einen Höllenlärm. Außerdem locken sie Wildschweine direkt ans Haus. Bei jedem Regen verdreckt der Rindenabrieb die Terrassenmöbel. Und überhaupt macht der Baum das ganze Grundstück trocken und schattig.

An der dünnsten (!) Stelle hat der Stamm einen Umfang von 4,95 Metern.

Immer, wenn mich solche Gedanken plagen, klettere ich den Hang hinterm Haus hinauf, blicke auf Augenhöhe in die fünfzehntausend Kubikmeter Krone hinein und mir ist, als betrachtete ich einen ganzen Wald. Jeder Hauptast für sich ist ein kräftiger Baum. Ich sehe helle und schattige Bereiche. Die rissige Borke gleicht einer Landkarte aus Moosen und Flechten. Manchmal sieht man Eichhörnchen und Bilche auf ihren vertrauten Wegen durchs Geäst huschen. In den Nischen unter den Seitenästen schlafen regengeschützt die Fledermäuse. Vögel nutzen die Äste als Warte. Von den Gliederfüßern ganz zu schweigen.

„Das ist kein Argument.“, sagt der Logiker in mir. „In der Umgebung stehen genug Eichen, wenn auch keine so dicken. Auf die Artenvielfalt hat dieser spezielle Baum keinen Einfluss. Und der Baumfrisör macht seine Arbeit alle paar Jahre auch nicht für lau!“ 

Baumfrisöre bei der Arbeit

Eigentlich halte ich mich für einen eher rationalen Menschen. Aber ich kann dieses beeindruckende, uralte Lebewesen nicht betrachten und gleichzeitig ernsthaft einen Totalrückschnitt in Erwägung ziehen. Geschätzt eine Viertelmillion Sonnenstunden haben es zu dem werden lassen, was es heute ist. Wenn ich lange fit bleibe, dann werde ich wohl den größten Teil meines Lebens immer wieder mit alpiner Kletterausrüstung aufs Dach steigen, um erst Blüten, dann Früchte und später das Laub aus den Rinnen zu holen. Meinen dicken Freund Quercus interessiert das nicht. Er wird auch dann noch seine Blätter ins Licht recken, wenn für mich keine Sonne mehr scheint. Ich habe nicht das Recht, über seine Existenz zu entscheiden. Ich bin dankbar, dass er mich bei sich wohnen lässt.

Dicke Freunde

8. November 2015

Novemberfarben



Der Wurmfarn Dryopteris filix-mas und der Frauenfarn Athyrium filix-femina gelten als langweilige Allerweltsfarne. Jetzt zur Herbstfärbung offenbart sich aber ihr umfangreiches Farbspektrum. Der Wurmfarn steuert zarte Grüntöne und mehr oder weniger fahles Gelb bei, während der Frauenfarn für leuchtendes Goldgelb und Goldbraun sorgt. Im Schlosspark war mir vor zwei Jahren im Herbst auch ein fast völlig entfärbtes cremeweißes Exemplar aufgefallen.

So bunt können heimische Farne im Herbst sein.
 
Im Zuge der allgemeinen Ent- und Braunfärbung gewinnen die Grüntöne der Moose an Bedeutung. Das helle Braun des gefallenen Laubes bildet den perfekten Rahmen für das jetzt rare kräftig-frische Grün des feuchten Mooses auf den Steinen.



Eine Farbe ist immer nur so gut wie ihr Hintergrund. Das dunkle Grün der immergrünen Stechpalmen verstärkt die Herbstfärbung der jungen Buche und bringt selbst den hellgrünen Wurmfarn im Vordergrund zum Leuchten.



Neben der Hintergrundbildung haben weibliche Stechpalmen noch einen weiteren zierenden Aspekt: die knallroten Beeren. Der herbst- und winterliche Schmuck bleibt so lange erhalten, wie die Amseln benötigen, um die Früchte komplett abzuernten. Meist ist dies pünktlich zu Weihnachten der Fall.



Plan B ist manchmal doch der bessere: Eigentlich sollten schwarzer Holunder und Bergahorn an dieser Stelle entfernt werden. Im letzten Winter wurden sie abgeschnitten. Nachdem weitere Maßnahmen jedoch unterblieben sind, zeigen die einjährigen Austriebe nun eine prächtige Färbung vor dem Hintergrund aus Scheunenwand und Stechpalme. Also habe ich beschlossen, sie im Coppicing-Verfahren zu erhalten, solange sie weiter so schön färben und den jährlichen Rückschnitt tolerieren. Die höchst unterschiedlich gefärbten Farne erweitern das Farbspektrum dieser Szene.


8. Oktober 2015

Der Vor- Garten

Der vergangene Sommer ist für mich garten- und auch blogtechnisch "voll ins Wasser gefallen". Und das, obwohl er viel zu trocken war. Jetzt aber sind die gesundheitlichen Hindernisse in der Familie erfolgreich aus dem Weg geräumt und ich kann mich endlich den herbstlichen Gartenarbeiten und -betrachtungen widmen.

Meine alte Arbeitsstätte habe ich verlassen und an der neuen ist der Umfang meiner gestalterischen Freiheit noch zu klären, also beschränken sich meine Aktivitäten zur Zeit auf das eigene Grundstück und auf ausgesuchte Flächen in der freien Landschaft.

Den eigenen Garten besitzen meine Frau und ich seit viereinhalb Jahren. Damals war er verwildert und das ist er auch heute noch. Pflegemaßnahmen erfolgten nur sporadisch, weil bis heute noch viel in Eigenleistung am Haus gewerkelt wird. Aber ich bin sicher, dass ich auch hier aus der Wildnis etwas wie einen Garten herausarbeiten kann.

Das Grundstück liegt in einem Schwarzwaldtal am steilen Nordhang und wird dominiert durch eine gewaltige Eiche.

Das Bild zeigt den Hausbaum und einen Teil des Vor- Gartens. Das „Vor-“ ist in diesem Fall sowohl räumlich (zwischen Straße und Haus gelegen) als auch zeitlich (im Zustand, bevor ein Garten daraus gemacht wird) zu verstehen. In diesem Teil des Grundstücks wurden bisher nur wenige Eingriffe vorgenommen. Die allgegenwärtigen Brombeeren sowie die Zaunwicken werden sporadisch gejätet. In den ersten zwei Jahren wurde die Fläche je zwei mal gemäht und einige Sträucher und Baumsämlinge wurden entfernt. Testweise wurden ein paar Stauden in die vorhandene Vegetation gepflanzt. Nicht viel Aktivität also für mehr als vier Jahre.


Der Vor- Garten ist im Zustand vor der Entwicklung zum Garten. Viel Wildes kann übernommen werden.

Je länger ich mich mit dem vorläufigen Ergebnis auseinandersetze, desto mehr lerne ich den jetzigen wild anmutenden Zustand zu schätzen und desto weniger Bedarf sehe ich für eine komplette Neugestaltung. Die vorhandene Matrix aus der Simse Luzula sylvatica soll trotz ihrer Frühlings-Hässlichkeit und ihrem recht unverträglichen Konkurrenzverhalten als immergrüner Bodendecker erhalten bleiben. Starke Stauden wie Epimedium, Aruncus und der Wurmfarn konnten sich dennoch langfristig halten. Auch Neuansiedlungen sind im trockenen Wurzelfilz der Gräser möglich, wie dieser Aruncus 'Horatio' beweist.

Aruncus aethusifolius 'Horatio' hat nach diesem trockenen Sommer eine besonders prächtige Herbstfärbung.

 Hier im Vorgarten gehe ich also nicht ausschließlich subtraktiv vor, sondern möchte auch Pflanzen hinzufügen. Die Nordhanglage, der Regenschatten der Eiche und die starke Konkurrenz der Wald-Hainsimse schränken die Auswahl an geeigneten Pflanzpartnern ein.

Unser Haus liegt direkt am Ortsrand an einem Wanderweg. Ziel der Gestaltung soll es sein, eine Verbindung zwischen landschaftstypischer Vegetation und einem Wohnhausgarten zu schaffen.

Ein weiterer Kandidat, der sich unter diesen harten Bedingungen als Ergänzung bewährt hat, ist
Digitalis ferruginea. Das lang blühende Senecio jacobea kam von allein. (Bild vom Juli)


Hinterm Haus dominiert zur Zeit noch die Brombeere, doch darunter versteckt leben schon manche der herrlichen Waldbodenbewohner, mit denen ich auch auf der Bühlerhöhe zusammengearbeitet habe. Das Brombeerdickicht erscheint hier aber deutlich vitaler. Mal sehen, ob es sich auf Dauer auch so leicht durch hohes Mähen zurückdrängen lässt...

Zweimal der selbe Gartenteil: Im Frühsommer blühen hier Stellaria nemorum, Geranium robertianum
und andere. Für eine dauerhaft attraktive Bodendeckerfläche muss ich hier häufiger mähen
oder zu anderen Maßnahmen greifen.


Den Rest des „entwilderten“ Gartens mit schon dagewesenen und hinzugefügten Pflanzen
zeige ich ein anderes Mal.