6. Dezember 2015

Leben mit dem Baum


Es ist schön, einen Baum neben dem Haus zu haben. Er spendet Schatten im Sommer, ermöglicht tägliche Naturbeobachtungen, verbindet Haus und Garten mit der Landschaft und sorgt für Nachschub an Mulchmaterial oder auch an Früchten.

Der Hausbaum hat Tradition. Auch heute noch gehört das Pflanzen eines Baumes für viele Bauherren und -damen instinktiv zum Neubau eines Hauses dazu. Widerstandsfähigkeit, Dauerhaftigkeit und Wachstum des Baumes stehen symbolhaft für die Hoffnungen der Bewohner für die eigene Familie. Vor allem aber vermittelt er den Hausbewohnern ein unterschwelliges Schutzgefühl. Das Bedürfnis des Menschen in Baumnähe zu leben ist wahrscheinlich genetisch festgelegt.

Ab und zu kommt es vor, dass ein markanter Baum auf einem Baugrundstück erhalten bleibt und das Haus neben – oder gar unter – dem Baum entsteht. So auch das Haus, in dem ich wohne. Es wurde mehr als zehn Jahre vor meiner Geburt unter eine riesige Traubeneiche gebaut. Dies machte den Koloss im hohen Alter ungefragt zum Hausbaum.

Niemand weiß heute noch, wie viele Wurzeln damals gekappt und zubetoniert wurden - oder wie viele Flaschen Wein unter seinem Blätterdach seitdem in geselliger Runde geleert wurden. Jedenfalls kann ich mir das Haus nicht ohne Baum und den Baum nicht ohne Haus vorstellen.


Am Anfang war der Baum. Darunter wurde gebaut.

Anfang der neunziger Jahre ist wohl ein Ast durch das Dach gekracht. Unmittelbar danach hat man einige Äste auf der Westseite eingekürzt und mehrere Seile zur Kronensicherung eingebaut. Die Sicherungsseile habe ich nach Übernahme des Hauses erneuern lassen.

...

Na gut, ich gebe es zu: sobald stärkerer Sturm angesagt ist, schwindet das oben angesprochene Gefühl des Geschütz-Seins. An seine Stelle tritt die Angst, sich vielleicht doch allzu sehr einer irrationalen Romantik hingegeben zu haben. Ist dieses tonnenschwere Damoklesschwert denn wirklich erhaltenswert? Die Gefahr von abbrechenden Ästen ist ja nicht das einzige Problem: Ständig sind die Dachrinnen verstopft. Das Dach ist vermoost. Die herabfallenden Früchte tun bei einem Treffer richtig weh und machen auf dem Vordach aus Plexiglas einen Höllenlärm. Außerdem locken sie Wildschweine direkt ans Haus. Bei jedem Regen verdreckt der Rindenabrieb die Terrassenmöbel. Und überhaupt macht der Baum das ganze Grundstück trocken und schattig.

An der dünnsten (!) Stelle hat der Stamm einen Umfang von 4,95 Metern.

Immer, wenn mich solche Gedanken plagen, klettere ich den Hang hinterm Haus hinauf, blicke auf Augenhöhe in die fünfzehntausend Kubikmeter Krone hinein und mir ist, als betrachtete ich einen ganzen Wald. Jeder Hauptast für sich ist ein kräftiger Baum. Ich sehe helle und schattige Bereiche. Die rissige Borke gleicht einer Landkarte aus Moosen und Flechten. Manchmal sieht man Eichhörnchen und Bilche auf ihren vertrauten Wegen durchs Geäst huschen. In den Nischen unter den Seitenästen schlafen regengeschützt die Fledermäuse. Vögel nutzen die Äste als Warte. Von den Gliederfüßern ganz zu schweigen.

„Das ist kein Argument.“, sagt der Logiker in mir. „In der Umgebung stehen genug Eichen, wenn auch keine so dicken. Auf die Artenvielfalt hat dieser spezielle Baum keinen Einfluss. Und der Baumfrisör macht seine Arbeit alle paar Jahre auch nicht für lau!“ 

Baumfrisöre bei der Arbeit

Eigentlich halte ich mich für einen eher rationalen Menschen. Aber ich kann dieses beeindruckende, uralte Lebewesen nicht betrachten und gleichzeitig ernsthaft einen Totalrückschnitt in Erwägung ziehen. Geschätzt eine Viertelmillion Sonnenstunden haben es zu dem werden lassen, was es heute ist. Wenn ich lange fit bleibe, dann werde ich wohl den größten Teil meines Lebens immer wieder mit alpiner Kletterausrüstung aufs Dach steigen, um erst Blüten, dann Früchte und später das Laub aus den Rinnen zu holen. Meinen dicken Freund Quercus interessiert das nicht. Er wird auch dann noch seine Blätter ins Licht recken, wenn für mich keine Sonne mehr scheint. Ich habe nicht das Recht, über seine Existenz zu entscheiden. Ich bin dankbar, dass er mich bei sich wohnen lässt.

Dicke Freunde

8. November 2015

Novemberfarben



Der Wurmfarn Dryopteris filix-mas und der Frauenfarn Athyrium filix-femina gelten als langweilige Allerweltsfarne. Jetzt zur Herbstfärbung offenbart sich aber ihr umfangreiches Farbspektrum. Der Wurmfarn steuert zarte Grüntöne und mehr oder weniger fahles Gelb bei, während der Frauenfarn für leuchtendes Goldgelb und Goldbraun sorgt. Im Schlosspark war mir vor zwei Jahren im Herbst auch ein fast völlig entfärbtes cremeweißes Exemplar aufgefallen.

So bunt können heimische Farne im Herbst sein.
 
Im Zuge der allgemeinen Ent- und Braunfärbung gewinnen die Grüntöne der Moose an Bedeutung. Das helle Braun des gefallenen Laubes bildet den perfekten Rahmen für das jetzt rare kräftig-frische Grün des feuchten Mooses auf den Steinen.



Eine Farbe ist immer nur so gut wie ihr Hintergrund. Das dunkle Grün der immergrünen Stechpalmen verstärkt die Herbstfärbung der jungen Buche und bringt selbst den hellgrünen Wurmfarn im Vordergrund zum Leuchten.



Neben der Hintergrundbildung haben weibliche Stechpalmen noch einen weiteren zierenden Aspekt: die knallroten Beeren. Der herbst- und winterliche Schmuck bleibt so lange erhalten, wie die Amseln benötigen, um die Früchte komplett abzuernten. Meist ist dies pünktlich zu Weihnachten der Fall.



Plan B ist manchmal doch der bessere: Eigentlich sollten schwarzer Holunder und Bergahorn an dieser Stelle entfernt werden. Im letzten Winter wurden sie abgeschnitten. Nachdem weitere Maßnahmen jedoch unterblieben sind, zeigen die einjährigen Austriebe nun eine prächtige Färbung vor dem Hintergrund aus Scheunenwand und Stechpalme. Also habe ich beschlossen, sie im Coppicing-Verfahren zu erhalten, solange sie weiter so schön färben und den jährlichen Rückschnitt tolerieren. Die höchst unterschiedlich gefärbten Farne erweitern das Farbspektrum dieser Szene.


8. Oktober 2015

Der Vor- Garten

Der vergangene Sommer ist für mich garten- und auch blogtechnisch "voll ins Wasser gefallen". Und das, obwohl er viel zu trocken war. Jetzt aber sind die gesundheitlichen Hindernisse in der Familie erfolgreich aus dem Weg geräumt und ich kann mich endlich den herbstlichen Gartenarbeiten und -betrachtungen widmen.

Meine alte Arbeitsstätte habe ich verlassen und an der neuen ist der Umfang meiner gestalterischen Freiheit noch zu klären, also beschränken sich meine Aktivitäten zur Zeit auf das eigene Grundstück und auf ausgesuchte Flächen in der freien Landschaft.

Den eigenen Garten besitzen meine Frau und ich seit viereinhalb Jahren. Damals war er verwildert und das ist er auch heute noch. Pflegemaßnahmen erfolgten nur sporadisch, weil bis heute noch viel in Eigenleistung am Haus gewerkelt wird. Aber ich bin sicher, dass ich auch hier aus der Wildnis etwas wie einen Garten herausarbeiten kann.

Das Grundstück liegt in einem Schwarzwaldtal am steilen Nordhang und wird dominiert durch eine gewaltige Eiche.

Das Bild zeigt den Hausbaum und einen Teil des Vor- Gartens. Das „Vor-“ ist in diesem Fall sowohl räumlich (zwischen Straße und Haus gelegen) als auch zeitlich (im Zustand, bevor ein Garten daraus gemacht wird) zu verstehen. In diesem Teil des Grundstücks wurden bisher nur wenige Eingriffe vorgenommen. Die allgegenwärtigen Brombeeren sowie die Zaunwicken werden sporadisch gejätet. In den ersten zwei Jahren wurde die Fläche je zwei mal gemäht und einige Sträucher und Baumsämlinge wurden entfernt. Testweise wurden ein paar Stauden in die vorhandene Vegetation gepflanzt. Nicht viel Aktivität also für mehr als vier Jahre.


Der Vor- Garten ist im Zustand vor der Entwicklung zum Garten. Viel Wildes kann übernommen werden.

Je länger ich mich mit dem vorläufigen Ergebnis auseinandersetze, desto mehr lerne ich den jetzigen wild anmutenden Zustand zu schätzen und desto weniger Bedarf sehe ich für eine komplette Neugestaltung. Die vorhandene Matrix aus der Simse Luzula sylvatica soll trotz ihrer Frühlings-Hässlichkeit und ihrem recht unverträglichen Konkurrenzverhalten als immergrüner Bodendecker erhalten bleiben. Starke Stauden wie Epimedium, Aruncus und der Wurmfarn konnten sich dennoch langfristig halten. Auch Neuansiedlungen sind im trockenen Wurzelfilz der Gräser möglich, wie dieser Aruncus 'Horatio' beweist.

Aruncus aethusifolius 'Horatio' hat nach diesem trockenen Sommer eine besonders prächtige Herbstfärbung.

 Hier im Vorgarten gehe ich also nicht ausschließlich subtraktiv vor, sondern möchte auch Pflanzen hinzufügen. Die Nordhanglage, der Regenschatten der Eiche und die starke Konkurrenz der Wald-Hainsimse schränken die Auswahl an geeigneten Pflanzpartnern ein.

Unser Haus liegt direkt am Ortsrand an einem Wanderweg. Ziel der Gestaltung soll es sein, eine Verbindung zwischen landschaftstypischer Vegetation und einem Wohnhausgarten zu schaffen.

Ein weiterer Kandidat, der sich unter diesen harten Bedingungen als Ergänzung bewährt hat, ist
Digitalis ferruginea. Das lang blühende Senecio jacobea kam von allein. (Bild vom Juli)


Hinterm Haus dominiert zur Zeit noch die Brombeere, doch darunter versteckt leben schon manche der herrlichen Waldbodenbewohner, mit denen ich auch auf der Bühlerhöhe zusammengearbeitet habe. Das Brombeerdickicht erscheint hier aber deutlich vitaler. Mal sehen, ob es sich auf Dauer auch so leicht durch hohes Mähen zurückdrängen lässt...

Zweimal der selbe Gartenteil: Im Frühsommer blühen hier Stellaria nemorum, Geranium robertianum
und andere. Für eine dauerhaft attraktive Bodendeckerfläche muss ich hier häufiger mähen
oder zu anderen Maßnahmen greifen.


Den Rest des „entwilderten“ Gartens mit schon dagewesenen und hinzugefügten Pflanzen
zeige ich ein anderes Mal. 






6. Mai 2015

Farbenrausch in Grün


Die Landschaft vor meinem Fenster hätte im Moment den Namen „Schwarz – Weiß – Wald“ verdient, so stark erscheinen die Farbkontraste zwischen Tannengrün und Buchengrün. Es hat viel geregnet, die Nächte werden milder. Nun beginnt das üppige Wachstum des Vollfrühlings und ich bin fasziniert davon, wie bunt Grün sein kann.

Im Hintergrund der schachbrettartig gescheckte Schwarz- (Weiß-) Wald

Bei jedem Spaziergang entdeckt man unter dem hell-dunklen Blätterdach so viele verschiedene „Grüns“, dass eventuelle Blüten fast zur Nebensache verkommen könnten.

Grüntöne am Bach im Wald

Was in der Landschaft funktioniert, kann für den Garten nicht schlecht sein, und so nutze ich die Angebote der Natur auch bei mir zu Hause im schattigen Nordhanggarten. Dort wo die vorhandenen Felsen im feuchten Klima von selbst vermoosen und sich Tüpfelfarn darauf ansiedelt, ist bis auf das Entfernen von Brombeeren und Efeu keine weitere Gestaltung notwendig. Sauerklee- und Hainsternmieren- Flächen werden kurzfristig mit dem äußerst behutsam geführten Freischneider und langfristig durch Jäten von Gehölzsämlingen vor der Verbuschung bewahrt. 


bewachsener Steinriegel im Garten mit geliehener Landschaft

So bunt kann wildes Grün im Garten sein. Eigentlich wollte ich Brombeeren, Ahorn und Taubnessel loswerden.
Zu dieser Jahreszeit könnte man echt ins Zweifeln kommen...

Moossteine mit Luzula sylvatica im Garten.



23. Februar 2015

Der Gärtnerblick auf die Landschaft


Viele gartenbegeisterte Menschen (oder gar alle?) sind aufmerksame Naturbeobachter und Naturbeobachterinnen. Spaziergänge oder Wanderungen durch Feld, Wald und Wiesen zu Hause wie im Urlaub sind unverzichtbare Bestandteile ihres Lebens. Man lässt Landschaftsbilder auf sich wirken, man sucht nach den positiven, schönen Eindrücken. Der schweifende Blick heftet sich an weite Ausblicke, seltene Pflanzen, majestätische alte Bäume, blühende Wiesen, Klatschmohnfelder und was die Welt an Herrlichkeiten zu bieten hat.

In fast jeder heimischen Landschaft gibt es aber auch weniger liebliche Bestandteile wie Straßen, Silos, Strommasten, Industriegebiete und was der Mensch so braucht aber nicht besonders schön findet. Trotzdem richtet sich die Aufmerksamkeit auf das Angenehme und blendet das Hässliche aus. 

Oder geht es nur mir so...?

Ein abgebrannter Dachstuhl und ein Spanplattenwerk schmälern nicht meine Begeisterung für die üppig blühende Wiese am Unterlauf des Flusses.



In den letzten Jahren, in denen ich mich unter anderem mit landschaftstypischen Elementen in dem von mir gepflegten Park auseinandergesetzt habe, hat sich mein Blick auf die Welt verändert. Inzwischen sehe ich in vielen Landschaftsbildern zuerst das gärtnerische Potenzial. So wird in meiner Wahrnehmung ein Streifen aus Wasserdost und hohen Gräserhorsten entlang eines Waldweges zur endlosen Staudenrabatte, ein lockerer Hain zum englischen Landschaftspark und ein frühlingsblühender Waldboden zum Schattengarten.
Diese natürliche Vegetation am Wegrand in der freien Landschaft lässt Assoziationen an eine Staudenrabatte zu. Die zufällige Kombination lässt eine Rhythmik erkennen, als wäre sie geplant und angelegt worden.

Diese parkähnlichen Strukturen am Hang entwickelten sich durch Wildverbiss in einem Rotwild- Rückzugsgebiet.


Ob diese spezielle Betrachtungsweise durch die Gestaltungsbrille des Gärtners eine Erweiterung oder eine Einschränkung in der persönlichen Naturwahrnehmung bedeutet, müssen andere als ich beurteilen. Jedenfalls bringt mich diese Sichtweise dazu, auch den Standortbedingungen und Konkurrenzverhältnissen nachzuspüren, die zu diesem Ergebnis geführt haben.

Wer das Gartenhafte in der Landschaft wahrnimmt, kann früher oder später auch auf Gedanken zum Thema Pflege kommen. Wäre es sehr vermessen, hier und dort etwas einzugreifen, um das Bild für längere Zeit zu erhalten - oder sogar noch zu verbessern? 

In der freien Landschaft ein schöner Anblick. Im eigenen Garten würde man hier wohl eingreifen wollen.


Für mich habe ich meine Antwort gefunden. Ermutigt von den überraschenden Erfolgen im Schlosspark durch die subtraktive Gestaltung habe ich an einigen Stellen an Wanderwegen bereits Hand angelegt. Es entwickeln sich geheime öffentliche Gärten im Wald. Oberstes Prinzip ist natürlich wie immer, nichts hinzuzufügen, sondern die Entwicklung zu lenken. Die Ergänzung der Vegetation durch Gartenpflanzen habe ich mir hier strengstens untersagt.

Im Laufe des Jahres werde ich hier Bilder der geheimen Gärten zeigen. Um die Verwandschaft von Garten und Landschaft zu verdeutlichen, zeigen die Bilder des heutigen Beitrags allesamt noch unbegärtnerte Landschaft.


Nicht nur im Mittelgebirge gibt es gartenähnliche Landschaften. Dieser "Landschaftspark" entwickelte sich von selbst auf einer Brachfläche mitten in einem großen Industriegebiet in Ludwigshafen. Aber ohne Pflege wird er nicht ewig bestehen bleiben.


Subtraktive Gartengestaltung in der "Gartenpraxis"

An dieser Stelle möchte ich auf meinen Artikel in der Fachzeitschrift "Gartenpraxis" hinweisen. In der Ausgabe Februar 2015 wird das Prinzip der subtraktiven Gartengestaltung und einige konkrete Beispiele aus dem Schlosspark Bühlerhöhe vorgestellt.

Ergänzen möchte ich noch, dass ich seit kurzer Zeit nicht mehr auf der Bühlerhöhe arbeite.

31. Januar 2015

Staudenpflanzungen im Landschaftspark

Abseits der bereits vorgestellten naturnahen Bereiche gibt es im Schlosspark Bühlerhöhe auch Staudenpflanzungen, von denen ich einige hier vorstellen möchte.

Entscheidend ist natürlich das jahreszeitlich wechselnde Erscheinungsbild. Ein weiteres wichtiges Argument für die Verwendung von Stauden ist der arbeitsökonomische Vorteil: Einmal unkrautfrei und eingewachsen, benötigen gut komponierte Staudenpflanzungen kaum noch Pflegezeit. Aufwändig zu pflegende Rasenböschungen und ein Beet mit Wechselflor wurden durch Staudenpflanzungen ersetzt. Die in der Folge frei werdenden zeitlichen Kapazitäten konnten in die Weiterentwicklung der naturnahen Bereiche investiert werden.

schmaler Pflanzstreifen, schmales Beet
Der weniger als einen Meter schmale und schattige Pflanzstereifen im Innenhof wurde mit Aruncus 'Horatio', Cimicifuga ramosa 'Brunette', Hakonechloa macra, Heuchera 'Palace Purple' und anderen bepflanzt. Die genannten Waldstauden kommen mit etwas Morgen- und Abendsonne aus und bleiben im Winter noch attraktiv - oft sogar nach dem Abtauen des auf die Fläche geschobenen Schnees. Besonders Hakonechloa ist ein wahres Wunder an winterlicher Elastizität: Plattgedrückte Horste richten sich nach dem Abtauen zuverlässig wieder auf.
 

Waldbeet
Diese Rabatte am Waldrand bildet einen Übergang zum naturnahen Berich des Parks. Aruncus 'Horatio' blüht hier zeitgleich mit Cimicifuga racemosa. Später übernimmt Astrantia major mit Campanula latifolia var. macrantha. Parallele Wege und Buxformschnitte sorgen für den formalen Rahmen.
 






































































































Waldbeet
Die selbe Rabatte im Spätsommer. Ein wild gekeimter Sämling des heimischen Wasserdosts (Eupatorium cannabinum) wurde stehen gelassen und dominiert das ganze Beet. Das im vorangegangenen Artikel vorgestellte Prinzip, Spontanvegetation in landschaftlichen Bereichen zu nutzen, wird auch gelegentlich in den Staudenbeeten angewendet. Im Hintergrund stehen die Samenstände der ganzjährig sehr attraktiven Cimicifuga racemosa, dahinter ist das Rot von Bistorta amplexicaulis zu  erahnen.

Ausschnitt aus der Zwillingsrabatte zwischen Park und Innenhof mit Delphinium elatum 'Elmfreude', Campanula lactiflora 'Loddon Anne', Valeriana officinalis, Cimicifuga ramosa 'Atropurpurea' und anderen.


Wiesenartige Pflanzung auf trockenem Boden in Südwestlage. Es blühen Coreopsis verticillata 'Grandiflora', Nepeta grandiflora 'Dawn to Dusk', Stipa calamagrostis 'Algäu', Verbascum nigrum. Letztere kommen auch wild in unmittelbarer Umgebung vor.


Später im Jahr dominieren hier Rudbeckia fulgida var. deamii. Wegen der hier herrschenden Trockenheit ist die Pflanzendecke hier nicht dauerhaft geschlossen. Daher wandern Arten von den benachbarten Wiesen ein. Diese werden zum Teil integriert, z.B. Centaurea nigra, Hieracium maculatum und Achillea millefolium. Invasive Wucherer wie Rumex acetosella und Prunella vulgaris sind zwar nicht willkommen, werden aber kaum bekämpft und machen trotzdem keine Anstalten, die stärkeren Stauden zu verdrängen.

25. Januar 2015

Wildstauden für den Waldrand

Natürliche Prozesse können dem Gärtner viel Pflegearbeit verursachen. Oder sie können ihm die Pflege erheblich erleichtern – je nach persönlichem Geschmack.
Wäre es darüber hinaus möglich, die Planung eines ganzen Gartenbereichs weitgehend der Natur zu überlassen? Ein Ansatz hierzu ist das Blackbox-Gardening. Nach dem Pflanzen oder Aussäen entscheidet auf lange Sicht der Zufall, wo neue Pflanzen keimen. Der Gärtner greift durch Auswahl dieses natürlichen Angebotes in die Entwicklung ein und versucht sie so zu einem schönen Ergebnis zu lenken.
Noch einen Schritt weiter geht der Ansatz, den ich auf manchen Flächen im Landschaftspark des Schlosshotels Bühlerhöhe gewählt habe. Hier wurde sogar auf die anfängliche Ansaat oder Pflanzung verzichtet. Sonst ist die Vorgehensweise die gleiche. Der Gärtner versucht, die natürliche Ausbreitung der vorhandenen Waldbodenflora zu nutzen und zu einem ästhetisch befriedigenden Ergebnis zu lenken. Weil nichts hinzugefügt wird und alle Pflege- und Gestaltungsarbeiten (Jäten, Schneiden, Fällen...) ein Entfernen von Pflanzenmaterial bedeuten, nenne ich diesen Ansatz "Subtraktive Gartengestaltung".

Waldbodenpflanzen
Diese Pflanzengesellschaft hat sich mit wenig Pflegearbeit im lichten Schatten eingestellt: Weiße Pestwurz (Petasites albus - große Blätter) mit Wurmfarn, Hain-Sternmiere (Stellaria nemorum - weiße Blüten), verwilderter Pyrenäen-Storchschnabel (Geranium endressii - rosa Blüten) und andere Arten

In dichten Wäldern, in denen kaum ein Lichtstrahl den Boden erreicht, kann außer Bäumen nichts wachsen. Entsprechend kahl und eintönig wirkt der Waldboden. In aufgelockerten Wäldern dagegen kann es dazu kommen, dass eine konkurrenzstarke Pflanzenart die Oberhand erringt und eine eintönige Fläche dieser Art im lichten Baumschatten entsteht. Auf der Bühlerhöhe hatte eine Brombeer- Art diese Rolle des ungeliebten Platzhirsches eingenommen.

Seitdem die Brombeeren durch schonende Mahd und gezieltes Jäten zurückgedrängt werden, kommen die bis dahin unterdrückten Arten immer mehr zum Vorschein und das gärtnerische Potenzial der Waldflächen wird offensichtlich.


Kriechender Günsel (Ajuga reptans - blau im Vordergrund), Fingerhut (Digitalis purpurea - noch nicht blühend im Hintergrund) und Wurmfarn in einer Fläche aus Hain- Sternmiere und Waldmeister.

Inzwischen sehe ich den Waldboden als ein großes Schattenbeet an. Wie in geplant bepflanzten Rabatten kann man Leitstauden, Füllpflanzen und Flächendecker benennen. Man kann die Entwicklung einer Pflanzengesellschaft positiv beeinflussen, indem man bei der Pflege darauf achtet, Arten aus den unterschiedlichen Gruppen beieinander zu behalten ohne dass eine Gruppe die Überhand gewinnt. In der Praxis behindere ich zum Beispiel die Ausbreitung der Leitstaude Pestwurz durch jährliches Abstechen und Ausgraben der äußeren Rhizome. In der gestörte Erde kann sich der zweijährige Storchschnabel Geranium robertianum als Begleiter dauerhaft erhalten. Von Zeit zu Zeit werden einzelne Wurmfarne entfernt. So entstehen harmonische Ansichten wie in den beiden oberen Bildern.

Die Leitstauden brauchen keine ausgeprägte Blüte, um ihre Funktion auszufüllen, sondern müssen sich vor allem durch ihre prägnante Struktur von den Flächendeckern abheben. Hier einige Beispiele aus dem Schlosspark Bühlerhöhe:



Beispiele für Leitstauden:
  1. Roter Fingerhut - Digitalis purpurea
  2. Fuchs' Greiskraut - Senecio ovatus
  3. Gewöhnlicher Wasserdost - Eupatorium cannabinum
  4. Schuppiger Wurmfarn - Dryopteris affinis 
  5. Wald- Trespe - Bromus ramosus
  6. Ährige Teufelskralle - Phyteuma spicatum
  7. Weiße Pestwurz - Petasites albus


 Beispiele für Füllpflanzen:

  1. Stinkender Storchschnabel - Geranium robertianum
  2. Wurmfarn - Dryopteris filix-mas
  3. Kriechender Günsel - Ajuga reptans
  4. Goldnessel - Lamium galeobdolon
  5. Weicher Frauenmantel - Alchemilla mollis
  6. Rote Lichtnelke - Silene dioica
  7. Große Sternmiere - Stellaria holostea
  8. Wald- Ziest - Stachys sylvatica
Waldbodenpflanzen
Gleichstarke Flächendecker können über Jahre miteinander konkurrieren ohne sich gegenseitig zu verdrängen. Dieser dichte Waldbodenteppich besteht aus Waldmeister, Wald- Sauerklee, Kleinem Immergrün und der Erdbeer- Waldsteinie.
 
 Beispiele für Flächendecker:
  1. Wald- Sauerklee - Oxalis acetosella
  2. Waldmeister - Galium odoratum
  3. Harzer Labkraut - Galium saxatile
  4. Hain- Sternmiere - Stellaria nemorum
  5. Erdbeer- Waldsteinie - Waldsteinia fragarioides
  6. Kleines Immergrün - Vinca minor
  7. Hain- Gilbweiderich - Lysimachia nemorum


Wie gesagt will ich diese Liste nicht als Pflanzvorschlag verstanden wissen, sondern sie soll die möglichen Funktionen bereits vorhandener Wildstauden verdeutlichen.


Ein "bayrischer" Waldboden in weißblau mit Kleinem Immergrün (Vinca minor) und Wald- Sauerklee (Oxalis acetosella) im April.

Im Park des Schlosshotels Bühlerhöhe stehen neben den typischen und untypischen Waldbodenstauden auch andere prägende Landschaftsbestandteile zur Verfügung. Wald, Felsen, Wiesen und die Aussicht auf die Rheinebene sorgen gemeisam mit der subtraktiv gestalteten Vegetation für ein verdichtetes Abbild der umgebenden Landschaft.


Moossteine
Fuchs' Greiskraut (Senecio ovatus) ist willkommen als einer der wenigen heimischen Spätsommerblüher.


18. Januar 2015

Geschichte und Gegenwart des Schlossparks Bühlerhöhe

Hertha Isenbarth hat anno 1912 den Bauplatz für ihr Projekt Bühlerhöhe nicht nur wegen der wunderschönen Aussicht ausgewählt. Das Umfeld mit einer vielfältigen Natur, Möglichkeiten zum Spazierengehen in bester Höhenluft und die Gestaltungsmöglichkeiten für einen einmaligen Landschaftspark hatten für sie ebenfalls sehr große Bedeutung. Persönlich überwachte sie während der Bauzeit die Entwicklung des von ihr angelegten Versuchsgartens, der zeigen sollte, welche Pflanzenarten in dieser Höhenlage gedeihen würden. 
Ihr Verhältnis zur Natur zeigt sich am besten durch ihren Umgang mit einer markanten Tanne, die in der Nähe des geplanten Eingangsbereiches stand. Nur um diesen Baum zu erhalten, entschied sie sich für eine Erhöhung des Bauniveaus des gesamten Gebäudes um 50cm mit erheblichen Mehrkosten.

Schlosshotel Bühlerhöhe - Hauptportal

Viele Ihrer Gestaltungsansätze waren für die damalige Zeit sehr fortschrittlich. Die Kombination von ursprünglich hier vorkommenden Farnen mit üppig- exotischen Fuchsien stand symbolhaft für die Verbindung von Natürlichkeit und Künstlichkeit. Phantasievoll bezog sie auch die vorhandenen Felsen in die Planung des Schlossparks mit ein. Auf dem sonnenwarmen „Eidechsenstein“ sollte sich der Kurgast flach auf den Bauch legen und sich wärmen lassen wie eine Eidechse. In andere Felsen wurden steinerne Sitzbänke geschlagen. Beim heutigen Waldbeet unterbricht ein natürlicher Felsbrocken die Symmetrie eines achteckigen Platzes. Heute sind viele der Felsen mit Moos und Farnen bewachsen.

Der Farnstein an der Zufahtsstraße

Diese Tradition der Einbeziehung der natürlichen Vorgaben in die Parkgestaltung wird bis heute fortgesetzt und weiterentwickelt. Der Schlosspark ist als eine Art „Schwarzwälder Landschaftspark“ zu betrachten, der prägende Elemente der umgebenden Landschaft aufgreift und weiterentwickelt.
So werden Teile der Rasenfläche gezielt seltener gemäht, um die Entwicklung einer Wiese zu ermöglichen. Wiesenblumen wie Ehrenpreis, Margerite, Flockenblume und Habichtskraut erobern die Fläche zurück und sorgen in Verbindung mit dem verbliebenen Rasen für ein harmonisches, abwechslungsreiches Bild.

Ausschnitt aus der großen Wiese

Auch im Waldbereich wird die Natur zur Gestaltung genutzt. Durch behutsames Auslichten des Blätterdachs und Entfernen unerwünschter Pflanzenarten entwickelt sich ein romantisches, zeitweise sehr blütenreiches Waldbild. In jüngster Zeit wurden hier erste schattenverträgliche Gartenpflanzen ergänzt, um auf lange Sicht die Blütensaison am Waldboden bis in den Hochsommer und Herbst hinein zu verlängern.

Stellaria nemorum am Waldrand
Wie zu Hertha Isenbarths Zeiten gibt es aber auch Bereiche, in denen Gartenpflanzen den Ton angeben. Vor allem in Gebäudenähe kann man Pflanzungen mit Phlox, Rittersporn, Sonnenhut und vielen anderen bewundern. Auch die Rododendren gedeihen hier in 800 Metern Höhe auf Granitboden besonders gut und haben zum Teil beachtliche Ausmaße erreicht.